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"Brundibár" und später mehr
Dr. Hans Asbeck
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Brundibár
- Einleitung
- Essay
- Inhalt textkritisch
- Brundibár aufführen?
- Forschung
- Karikatur und Titel
- Material


Brundibár (English)
- Introduction
- Essay
- Brundibár:To Perform or Not

- Narrative Summary and
Critical Report


Brundibár 2002
- Einleitung
- Chronologie
- Streitschrift'Jugendgefährdend'
- Presse
- Der Angriff
- Die Verteidigung
- Schützenhilfe
- Schülerpetition
- GEW-Resolution
- Petition an den Ns.Landtag
- Hintergründe: "Winnetou" und andere Publikationen von H.A.
- Persönliches Schlusswort

Brundibár-Diskussion
- Ausgewählte Beiträge
- Archiv aller Beiträge
- Mail to
- Forum/Gästebuch

Die Verteidigung


Inhalt:

- Brief an den Dezernenten bei der Bezirksregierung
- Brief an die Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann
- Brief an das Evangelische Schulpfarramt
-
Brief an den Superintendenten der Marktkirche, Dr. Puschmann
- Brief an das Amt für evangelische Erwachsenenbildung

- Brief an den Ministerpräsidenten

- Auch ein Hilferuf: E-mail an Prof. Kuna in Prag (möglicherweise nicht angekommen)
- Offener Brief an die "Brundibár" aufführenden Kolleginnen und Kollegen

- Kein einziger dieser Briefe wurde beantwortet -

(Um mich gegen die Denunziationen auch des Theaterpädagogen zu wehren, hätte ich zumindest noch das Kulturamt der Stadt Hannover sowie das Theaterpädagogische Zentrum Hannover anschreiben müssen. Hierzu fehlte mir aber denn doch die Zeit!)


- Brief an den Dezernenten bei der Bezirksregierung


den 3. 2. 02

Lieber Herr [...],

ich bin mir noch nie einer Sache so sicher gewesen wie dieser: dass es die Wahrheit ist, dass ich es machen muss, dass ich es genau so machen muss (nachdem spotane Versuche, über das eigene Erschrecken mit den Beteiligten ins Gespräch zu kommen, auf völliges Unverständnis und entschiedene Abwehr stießen). Das Echo aus der internationalen und interkonfessionellen Gelehrtenrepublik, das mir nach wenigen Telefonaten zuteil wird (Tenor: "eine verblüffende Entdeckung, die zu einer vertieften Sicht führen wird - undbedingt publizieren!"), aber auch aus Eltern- und anderen Besucherkreisen, ja von Kindern, die ohne es erklären zu können Mitleid mit dem Gejagten empfanden und noch in der Marktkirche öffentlich äußerten, bestätigt es in überwältigender Weise.

Sie werden nur wenige Minuten der Beschäftigung mit dem beigelegten Material brauchen, um Ihre Position zu finden.

Deshalb ist dieser Brandbrief weniger eine Bitte um Hilfe für mich als eine Bitte um Hilfe für die IGS Linden. Helfen sie uns, so lange die Wunden noch offen sind, nachfühlbares Beleidigtsein und verständliche Gekränktheiten hinter uns zu lassen und zum kritischen, auch selbstkritischen Diskurs zu finden. Dafür, dass wir es alleine jedenfalls nicht im Moment schaffen können, ist der schreckliche Brief von Frau Sander nur eines von mehreren Symptomen.
Dabei wünsche ich mir nicht nur Schadensbegrenzung (man stelle sich Schlagzeilen vor!), sondern beherztes In-die-Hand-Nehmen der neuen, geradezu einmaligen Lernchancen für Lernende wie Lehrende, die sich jetzt abzeichnen. Meine Vision ist, als Bestandteil einer Fortsetzung des Brundibar-Projekts, dem nach wie vor Anteilnahme und Bewunderung gebührt, aber auf neuer Ebene, eine Podiumsdiskussion zum Thema "Probleme und Chancen einer kritisch-pädagogischen Beschäftigung mit KZ-Kultur". Ohne dass ich sie direkt gesucht hätte, steht nach den Telefonaten dieses Wochenendes eine hochkarätige Besetzung für eine solche Veranstaltung schon bereit.

mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hans Asbeck)

 


- Brief an die Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann

den 3. 2. 02

Liebe Frau Käßmann!

Nachhilfe bei der Lektüre des schrecklichen Briefes, mit dem Frau [Schulpastorin] (mit der ich durchaus mitfühlen und die ich gut verstehen kann, der auch kein Schaden erwachsen soll) Sie und andere zur Fortsetzung von "Brundibár" im wirklichen Leben anzustiften versucht, brauchen Sie nicht!

Sie besitzen auch das Format und die "Gestandenheit" einen eigenen Fehler (hier: mitlaufend selbst dem Tabu um etwas Heiliges und Vorurteilen aufgesessen zu sein, an denen auf der ganzen Welt anscheinend noch niemand gekratzt hat) eingestehen und aus ihm lernen zu können: das merke ich Ihnen an, und ich hoffe doch, dass man anders auch nicht Landesbischöfin der lutherischen Kirche werden könnte. Ein bisschen nachhelfen möchte ich aber doch, indem ich Ihnen zum einen Unterlagen zur Verfügung stelle, die sie im Wortlaut vielleicht nicht kennen.

Zum andern wende ich mich an Sie mit einer großen Bitte: Aufgrund Ihrer Position, Ihrer persönlichen Ausstrahlung und auch einfach, weil sie dem friedlicheren Geschlecht zugehören, kommt es Ihnen in besonderem Maße zu, mit gutem Beispiel voranzugehen, zu vermitteln und Frieden zu stiften. Gestehen Sie ein, dass auch Sie nicht gut genug aufgepasst haben! Bringen Sie uns alle an einen Tisch, damit wir den notwendigen, wenn auch erstmal schmerzenden Diskurs führen und dann wichtige Lernprozesse in Gang setzen können, die uns auch an einem scheinbar geringfügigen Beispiel - unter Vermeidung letztlich inhumaner Helden- und Opferklischees - zu einem vertieften Verständnis des Menschlichen und der Weise verhelfen können, in der Gott vielleicht doch in der Geschichte wirkt.

mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hans Asbeck)

 


- Brief an das Evangelische Schulpfarramt

den 3. 2. 02

An das Evangelische Schulpfarramt
Waterloostraße 3
30169 Hannover

Sehr geehrter Herr Pfaff,

ich habe unterm 1. 2. 02 einen merkwürdigen Brief mit dem Kopf Ihres Amtes von Frau [Schulpastorin] erhalten, den sie "i. A." unterschreibt, der demnach von Ihnen zu verantworten ist? Wie dem auch sei: davon, dass und wie Ihre Kollegin sich vergaloppiert, davon können Sich sich anhand der beigefügten Schriftstücke leicht ein eigenes Bild machen. Sie will "Brundibár" nun auch im wirklichen Leben spielen, indem sie zur Hatz auf den Einzelnen bläst, der, selbst irritiert und um zu einem solidarischen Diskurs zu kommen, zu ihrem Herzenswerk ein paar irritierende, wehtuende, aber wohlbegründete und notwendige Thesen aufstellt.

Erstmal: Ich habe für nichts mehr Verständnis als dafür, wenn jemand, der sich für eine gute und große Sache Arme und Beine ausgerissen hat, Kritik an dieser Sache als tiefe persönliche Kränkung erfährt und entsprechend irrational reagiert. Insofern finde ich das Ganze gar nicht so furchtbar schlimm und hoffe mich bald wieder mit der Kollegin vertragen zu können.

Einiges darf man aber nicht so ohne Weiteres übergehen.

Ich hätte die alten Damen, die in Theresienstadt waren und nur knapp der Vernichtung entgangen sind, beleidigt? Das geht denn doch zu weit, und dafür entschuldigt sich das Evangelische Schulpfarramt bitte bei mir.

Auf einer ganz anderen Ebene: Frau [Schulpastorin] hat in ihrem Eifer bestimmt nicht bedacht, welches Risiko sie mit der Verbreitung meines bis dahin eben nicht öffentlich gemachten, sondern nur schulintern (für Lehrer und - da beteiligt - Oberstufenschüler) zur Diskussion gestellten Beitrags heraufbeschworen hat: die Gefahr, dass jetzt die Presse Wind bekommt und wir Schlagzeilen der unangenemsten Art befürchten müssen.

Schließlich ist mein Urheberrecht berührt. Mein Text ist als "Entwurf" gekennzeichnet, das meint, dass Artikel für die überregionale Presse und für wissenschaftliche bzw. fachdidaktische Organe daraus werden sollen, die mir nun möglicherweise weggeschnappt und auf eine Weise umfrisiert oder umfunktioniert werden, die ich nicht haben will und die vielleicht uns allen schaden.

Abschließend möcht ich noch einmal die Hochachtung zum Ausdruck bringen, die ich für Frau [Schulpastorin] und ihr Wirken empfinde. Nichts wäre ungerechter und meinen Intentionen zuwider, als wenn sie persönlich irgend einen Nachteil litte.

mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hans Asbeck)


- Brief an den Superintendenten der Marktkirche,
Dr. Wolfgang Puschmann

den 3. 2. 02

An die Marktkirchengemeinde

- Herrn Superintendenten Puschmann -

Lieber Herr Puschmann,

in der Angelegenheit "Brundibár" lege ich Ihnen meinen Brief an Frau Käßmann bei. Ich habe heute ein Dutzend weiterer Briefe in der Sache zu schreiben und die Zeit eilt. Entschuldigen Sie also, wenn ich es ungebührlich kurz mache: Bis auf das mit dem Geschlecht hätte ich so ziemlich alles, um was ich Frau Käßmann bitte, auch an Sie richten können. Helfen Sie, vermitteln Sie, halten Sie sich diskussionsbereit!

Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar!

Auch die Schwerter des Geistes: zu Pflugscharen, aber nicht, bitte, zu abgestumpften!


mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hans Asbeck)

(zur Reaktion auf diesen Brief: "Chronologie" anklickenn und auf den 4. 2. scrollen.)


 

- Brief an das Amt für evangelische Erwachsenenbildung


den 3. 2. 02

Sehr verehrte Damen und Herren,

anbei das Schreiben, das ich in Sachen "Brundibár" an das Schulpfarramt in Ihrem Hause gerichtet habe und das Sie über meine Sicht der Dinge in Kenntnis setzt. Es wäre schön, wenn auch Sie sich für Schadensbegrenzung und Finden zum gemeinsamen Diskurs einsetzen könnten. Die benötigten Materialien finden Sie im Schulpfarramt, außerdem stehe natürlich ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.

mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hans Asbeck)


- Brief an den Ministerpräsidenten

den 3. 2. 02

Sehr geehrter Herr [Ministerpräsident] Gabriel,

als Schirmherrn des "Projekts Brundibár" haben Sie einen merkwürdigen Brief von Frau Pastorin [...], der überaus engagierten und verdienten Organisatorin dieser Sache, erhalten, in dem diese schwere Vorwürfe gegen mich erhebt. Dass diese Vorwürfe vollkommen haltlos sind, können Sie leicht dem beigefügten Material entnehmen. Ihrer als meines obersten Dienstherrn Hilfe brauche ich in der Sache nicht, da sich auf unterer Ebene in den nächsten Tagen alles klären wird, auch werden schon unser Dezernent, Herr Ritter, Frau Bischöfin Käßmann und andere dafür sorgen, dass wir zum sachlichen Diskurs zurückfinden. Es wäre aber schön, wenn Sie Ihre Ressourcen auch in Zukunft dem - nun erst recht, aber sozusagen auf einem höheren Niveau von Problembewusstsein weiterzuführenden - "Projekt Brundibár" zu Verfügung stellen könnten. Ich denke u. a. an eine über den üblichen schulischen Rahmen hinausgehende hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion über den pädagogischen Umgang mit KZ-Kultur und Holocaust, zu der ich freilich gerade nicht Sie (das schnelle Sich-Schmücken mit Prominenz hat in diesem unserem Fall gerade seine Schattenseiten gezeigt), sondern Fachleute aus den Hochschulen einladen würde, die z. T. auch schon mit großem Interesse bereitstehen.

mit freundlichen Grüßen

(Dr. Hans Asbeck)

 


- Auch ein Hilferuf: E-mail an Prof. Kuna in Prag

Hannover, den 6. 2. 02

Sehr verehrter, lieber Herr Kuna!

Gerade halte ich zum ersten Male Ihr Buch über "Musik an der Grenze des Lebens" in Händen und bin sehr bewegt. Das betrifft insbesondere auch Ihre überzeugende Darstellung und Würdigung der Kinderoper "Brundibár", mit der ich mich im Moment beschäftige. O ja: "Was immer man heute vielleicht gegen dieses Stück einwenden mag - die besondere Sendung, die es in Theresienstadt erfüllte, wird man nicht bestreiten können" (S. 208). Der erste Teil dieses Satzes deutet aber auch einen Zweifel an, und zu diesem fügt sich das Anliegen, das ich habe. Mein Thema ist, aus aktuellem Anlass und in tiefer Irritation, die Botschaft des Operntextes, wie man sie aus ihrer Entstehung im Jahre 1938 erklären kann und wie sie auf heutige Kinder wirken muss, wenn man das Werk so aufführt, als enthalte es unmittelbar Anweisungen für ein richtiges Leben.

Unter sehr großer öffentlicher Beachtung hat eine Klasse Elfjähriger aus meiner Schule die hervorragend einstudierte und ausgestattete Oper in der größten und ehrwürdigsten Kirche Hannovers aufgeführt - im Beisein der Künstlerin Weissova und von alten Damen, die damals in Theresienstadt selbst noch gesungen haben und jetzt zum Gespräch mit den jungen Leuten bereit waren. Ich war wie immer bei diesem Thema sehr gerührt und erwartete - voller Stolz auch auf die Leistung der eigenen Schule - gemäß der Ankündigung eine Geschichte von kindlichem Widerstand zu erleben. Was ich dann aber sah und hörte, war etwas ganz anderes, in meinen Augen Schlimmes, heutzutage ganz und gar Unvertretbares: die Geschichte von der Solidarisierung einer Masse gegen einen Einzelnen am Rande der Gesellschaft, der erfolglos und alleingelassen sein Recht zu verteidigen sucht, aber gejagt, gedemütigt, um seine Existenz gebracht wird - und zwar zum Spaß und, weit über den Anlass "Milch für die Mutter" hinaus, weil alle ihn nicht leiden können und loswerden wollen. Also sozusagen gegen einen "Juden".

Aber nicht nur sozusagen! Ich habe mir einen Text besorgt und festgestellt, dass dieser Einzelne eine Fülle von negativen Eigenschaften trägt, die in der Tradition des Antisemitismus den Juden zugeschrieben wurden und sein Schicksal dem Muster typisch jüdischer Schicksale seit Jahrhunderten, aber gerade auch im zeitgenössischen Deutschland folgt.

Dies entwickle ich in dem dem beigefügten Text, den ich gleich nach dem Opernbesuch in einer Nacht heruntergeschrieben habe, jedoch zu einem soliden wissenschaftlichen Beitrag (mit Berücksichtigung auch der Musik, auf der Grundlage auch des tschechischen Textes sowie Detaillierterem zur tschechischen Situation von 1938, auch von Biographischem, wie ich es in Ihrem Buch schon gefunden habe) ausarbeiten möchte.

Was halten Sie davon?

Weniger wichtig, aber auch zu bedenken: dass ich persönlich schon durch das Bekanntmachen meines Textes in der Schule in eine Brundibar-Situation (nach meinem Verständnis!) geraten bin, wie Frau Sofer Ihnen vermutlich erzählt hat. Vielleicht bekomme ich von Ihnen auch eine schriftliche Antwort, von der ich zu meiner Verteidigung Gebrauch machen darf?
Mit herzlichen Grüßen

(Hans Asbeck)


- Offener Brief an die "Brundibár" aufführenden Kolleginnen und Kollegen

den 12. März 2002

Lieber [NN], liebe [NN]!

Ich finde die Situation schon lange unerträglich, und nun kommt hinzu, dass die Zeit drängt: in weniger als zwei Wochen ist für den 13. Jahrgang, in dem viele sich für "Brundibár", dann aber auch für mich und für Meinungsfreiheit engagiert haben und deprimierende, ihr Rechts- und Demokratiebewusstsein beschädigende Erfahrungen machen mussten, die Unterrichtszeit zu Ende. Mehr denn je fürchtet mein Lk ohne mich ins Abitur gehen zu müssen.

Durch die NP-Artikel wurden die Zeichen auf Diskussion und Versöhnung gestellt, und so erwartet die Öffentlichkeit, dass wir dem auch entsprechen - während, wenn ich die Zeichen richtig deute, meine Eliminierung weiter betrieben wird.

Das Kollegium ist immer noch nicht richtig informiert, manche sind erbost über Zensur und Maulkorb, viele klammern sich an Vorurteile, mobben, verbreiten Gerüchte und Verleumdungen.

Erbost und enttäuscht sind engagierte Eltern, die untereinander schon viel diskutiert haben, Diskussionsbedarf mit uns haben und sich hängen gelassen fühlen.

Sehr schwierig stelle ich mir eure Situation vor - Schülern, Eltern, kleinen, aber profilierten und wichtigen Teilen der Kollegenschaft gegenüber, auch: mir gegenüber; und ihr werdet, was euch nicht entgehen kann, funktionalisiert.

Mir selbst geht es schon kaum noch um den Verbleib in Linden, wo ich jetzt auf so viel Widerwärtiges stoße, darunter Verhaltensweisen, die sich wohl nicht werden ändern lassen. Euch meine ich damit nicht. Ihr habt mir zwar schwer geschadet, aber ich verstehe das und kann es gewissermaßen als Buße dafür nehmen, dass ich euch so viel zugemutet habe. Wir werden da durchkommen. Es geht mir um eine wichtige Sache und darum, dass die dringend notwendige Diskussion um sie nicht abgewürgt bleibt, schließlich darum, dass an meine Schule der Respekt vor Aufklärung und freiheitlichem Diskurs zurückkehrt. Und ich will hier, wo in 14 Jahren so etwas wie Heimat entstanden ist, eine Heimat, die ich wie wenige andere mit geprägt Labe (Oberstufendebatte, schulinterne Fortbildungen mit Betriebsklimabefragung und -diskussion, "Ratatouille" = Integrationsklassenfilm, Beethovenstraßenbuch und vieles, vieles andere, darunter neben Spektakulärem auch so bescheidene, aber damals sehr zeitaufwändige Dinge wie das Layout für eure sämtlichen LEB-Formulare), nicht einfach verschwinden, wegbefriedet und weggemobbt.

Lasst uns noch vor Ostern zumindest ein Zeichen setzen!

Worum geht es eigentlich noch? Geklärt ist doch, denke ich, Folgendes:

Meine Kritik ist aus einer tiefen, ernst zu nehmenden Betroffenheit entstanden, sie hat wissenschaftlich Hand und Fuß, eröffnet wichtige neue Perspektiven und ist von allgemeinem Interesse. Sie war aktuell und dringlich, weil mit den Oberstufenschülern zu diskutieren war, weil weitere Aufführungen anstanden, weil die Schule in die Öffentlichkeit gegangen und dort etwas Problematisches präsentiert hatte. Sie war als solidarische Kritik ("Fragen an uns alle") und als etwas Kollegiales gedacht. Nichts wurde heruntergemacht, niemand in eine Ecke gestellt, niemand beleidigt. Es gibt keinen, jedenfalls keinen schwer wiegenden Vorwurf an euch. Später habe ich mehrfach deutlich gemacht und wiederhole, präzisiere, ergänze es gerne: Ich hatte und habe die größte Hochachtung vor dem Geleisteten, ich habe euch bewundert, war stolz auf euch, war ergriffen, ja zu Tränen gerührt.

Ich habe aber auch etwas zutiefst Störendes, allen guten Intentionen Zuwiderlaufendes zunächst gespürt und dann mit dem mir zu Gebote stehenden historisch-philologischen Handwerkszeug analysiert und zu erklären versucht: inhumane Tendenzen in Handlung und Text der Oper. Und weil dies so "gegen den Strich" von allem ging, auch bei mir selbst natürlich, habe ich das Heil in der Klarheit gesucht, die nach meiner Überzeugung einzig der alle einbeziehende öffentliche Diskurs bringen kann. Und um diesen in Gang zu bringen, gegen Widerstände, die gewaltig sein mussten, aber selbst von mir noch unterschätzt wurden, gegen Tabus und "blinde Flecken", denen wir doch alle unterliegen, habe ich die provokative Forte einer Streitschrift und eine entsprechende Rhetorik der Zu- und Überspitzung, der Herausforderung gewählt. Und zweifellos war dies auch mein gutes staatsbürgerliches Recht, gedeckt auch durch die in diesem Lande garantierte Freiheit von Lehre und Forschung. Nein, ich brauchte euch nicht vorher zu fragen, ich brauchte auch kein katholisches Imprimatur vom Schulleiter einzuholen. Und gerade dies war kollegial: wurdet ihr doch auf diese Weise als öffentlichkeits-, als diskursfähige Subjekte ernst genommen. Oder soll der Journalist, der mit dem Regisseur zur Schule gegangen ist, seine Theaterkritiken erst mit diesem durchsprechen? Ich würde es mir verbitten.

Das Problematische, Aufzuklärende beginnt erst dort, wo die entscheidenden Missverständnisse entstanden sind. Wie kam es zu ihnen, und wer hat sie zu verantworten?

Ich will mich nicht drücken Das Schlagzeilenwort "jugendgefährdend" wird zwar im Lauf meines Artikels zweifelsfrei als das kenntlich, was es ist, nämlich eine zur Auseinandersetzung herausfordernde zugespitzte These (keineswegs ein abschließendes Urteil oder eine Anklage), aber dem, der tief in der Sache drinsteckt und Böses erwartet, mag das allzu leicht auf sich selbst und die eigene Arbeit beziehen. Einmal in solchem Missverständnis befangen, kommt man dann vielleicht nicht mehr davon los, alles objektiv und nachweislich auf den (doch nicht von euch zu verantwortenden!) Operntext bzw. die denkbare Verarbeitung in Theresienstadt Bezügliche sich selbst anzuziehen: Hetzjagd, Meute, Klischees der Verächtlichmachung des Juden, Pogrom usw. - Begriffe, die doch nur dazu da sind, eine Struktur freizulegen und (über-)scharf zu konturieren. Nie im Leben würde ich solches auf die Marktkirchenaufführung oder gar auf eure Tätigkeit anwenden. Dass ihr das so missverstehen konntet, bedaure ich zutiefst, ganz besonders den Anteil von Schuld daran, der mir - was geklärt werden müsste - vielleicht zukommt.

Ihr dürft euch aber auch nicht drücken! Es hilft alles nichts: die Lektüren, die euch zu wahrhaft maßlosen, beleidigenden und meinen Ruf mordenden, harte Maßnahmen und Kollegenmobbing in Szene setzenden Reaktionen verleiteten, waren Fehllektüren. Dass ich vielleicht überzogen habe, macht sie ein Stück weit verständlich, erklärt sie aber noch nicht. Hättet ihr nicht von vornherein genauer und gutwilliger hinschauen müssen? Habt ihr euch nicht vielleicht auch gegen Kritik sperren wollen? War da nicht auch das Gefühl des Ertapptwerdens? Habt ihr nicht vielleicht eigene Unsicherheit, wie sie bei einem so großen Projekt, bei dem man nicht alles richtig machen kann (ich kenne das!) und bei dem vielleicht wirklich nicht immer, was viele Eltern kritisieren, die Kinder im Vordergrund gestanden haben (mir jedenfalls ist auch das schon passiert, als ich mal was mit Schülern öffentlichkeitsreif machen wollte), niederhalten wollen und "umprojiziert"? Ich weiß es nicht, aber solche Fragen müssen gestellt werden.

Und eine nicht weniger peinliche: Wie ist es überhaupt zu eurer frappanten Einhelligkeit sowie dazu gekommen, dass alles so generalstabsmäßig ablief, dass ich schon nach wenigen Tagen entfernt war, Hausverbot hatte und alle mit Maulkorb herumliefen? Ist da nicht "Meinung" auch massiv "gemacht" und mit anderen Interessen vermischt worden - so dass ihr gewissermaßen fixiert, der Möglichkeit einer Besinnung und Selbstkorrektur beraubt wurdet und, vor vollendete Tatsachen gestellt / angesichts der Macht der Tatsachen, gar nicht mehr zurückkonntet? Ich fürchte es - und verbinde es zugleich mit der kollegialen Hoffnung, dass ihr es gar nicht sein mögt, die mich jetzt weghaben wollen (und weghaben will man mich!!).

Was machen wir jetzt, wo die Dinge so schwierig, aber auch so dringlich geworden sind? [Eine von euch] hat schon das Wort "Mediation" in den Raum gestellt, das mich erst abgeschreckt, dann immer mehr beschäftigt hat. Lasst uns doch einen Versuch machen! [Die Kollegin] bietet an, unter ihren Ausbildern einen Mediator für uns zu finden. Ich wüsste auch einen, der vielleicht den Vorzug hätte, ganz schnell und sozusagen von Amts wegen abrufbar zu sein, nämlich Rolf Meyer vom NLI, den ich vor Jahren bei einer Schulkonflikte-Fortbildung (!) kennen und schätzen gelernt habe (keine weitere Verbindung) - aber vielleicht ist es besser, wenn der oder die Betreffende von euch aus ins Spiel kommt, auch würde ich [dem Urteil der Kollegin] über Eignung mehr Gewicht als meinem eigenen geben.

Oder macht einen anderen Vorschlag. Aber lasst uns die Dinge so nicht weiterlaufen lassen!

Mit wirklich freundlichen, ja herzlichen Grüßen

Euer

(Hans Asbeck)